Angeschautes, Anschauliches und Anderes von C.

Donnerstag, September 24, 2009

China seltsam #167: Liao Yiwu

Also das ist ja ein Gezerre um diesen Liao Yiwu. Gut, die chinesischen Sicherheitsbehörden wollen nicht, dass er zur Buchmesse fährt. Wahrscheinlich weil sie fürchten, er könnte über die Zustände in chinesischen Gefängnissen reden. Oder über so unerwünschte Dinge wie Presse- und Meinungsfreiheit. Vielleicht haben sie aber auch nur Angst, er könnte sich erstmal ins Ausland absetzen und ihnen dann von dort aus schaden.

Interessant finde ich aber die Rezension zu seinem Buch "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser - Chinas Gesellschaft von unten" - wobei ich gleich mal sagen muss, dass ich es noch nicht gelesen habe. Bei der Rezension auf Amazon bin ich allerdings stutzig geworden. Da heißt es:

"Liao Yiwu ist einzigartig. Diese Geschichten gehören zu dem großen gemeinsamen Erbe der Weltliteratur." (Philip Gourevitch, The Paris Review)
Eine Prostituierte, ein buddhistischer Mönch und ein Klomann, eine Falun-Gong-Anhängerin, ein ehemaliger Rotgardist und ein Feng-Shui-Meister - sie und viele andere hat Liao Yiwu, einer der bekanntesten Autoren Chinas und selbst ehemaliger politischer Häftling, mit Respekt, Einfühlungsvermögen und Humor nach ihrem Leben und ihren Hoffnungen befragt. Diese einzigartigen Gespräche lassen uns ein China entdecken, das wir sonst nicht zu sehen bekommen - ein China, in dem archaische Mythen und Riten allen politischen und technischen Revolutionen zum Trotz noch lebendig sind, ein China der Ausgestoßenen und Randständigen, deren Würde, Witz und Menschlichkeit ihnen niemand hat nehmen können."

Das kommt mir doch irgendwie bekannt vor. Nach einem Blick in mein Bücherregal weiß ich auch warum: 1989 veröffentlichte der Westdeutsche Verlag ein Buch namens "100 unter 1 Milliarde - Gespräche mit Chinesen", Herausgeber waren die Journalisten Liu Bingwen und Xiong Lei. Ich hatte es zufällig in einem Antiquariat entdeckt. Inhalt: Ein Mannequin, ein daoistischer Priester, ein Latrinenreiniger, ein Ex-Kuomintang-Offizier, ein ehemaliger Rotgardist und damaliger Dozent für Philosophie, ein Pharmazeut für traditionelle chinesische Medizin, ein Häftling und viele andere mehr berichten in Interviews über ihr Leben und ihre Hoffnungen.

Neu ist die Idee also keinesfalls, interessant aber vielleicht ein Vergleich: Die Interviews für "100 unter 1 Milliarde" stammen aus der Zeit vor dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz, die Interviewten sprachen ungewöhnlich offen und frei aus, was sie dachten. Vielleicht kann man die Interviews ja mal vergleichen und so herausfinden, was sich subjektiv für die befragten Menschen verändert hat... Freiwillige Literaturwissenschaftler vor!

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